
Patrick Winter
Als neue Menschen wirken
Können Sie sich noch an ihre Taufe erin
nern? Das können wohl die wenigen von
uns. In der Regel sind wir bei unserer
Taufe so klein, dass wir uns nicht mehr
an sie erinnern können. Und noch eine
Frage: hat sich durch die Taufe Ihr Leben
verändert?
Für diejenigen von uns, die schon im
Säuglingsalter getauft werden, lautet die
Antwort auf diese Frage wohl nein. Für
die frühen Christen war dies ganz an
ders. Sie haben sich bewusst für ein Le
ben mit Christus entschieden – und ge
gen eine ganze Reihe von anderen Heils
angeboten, die es durchaus gab.
Und hatten sie sich einmal für Christus
entschieden, waren sie schon mitten in
der Diskussion, wie denn der christliche
Glaube genau umzusetzen sei und was er
fürs Leben bedeutet. Insofern hat sich
über die Jahrhunderte gar nicht so viel
verändert.
Wenn wir bereits von Kindheit an Chris
ten sind, ist es uns vielleicht nicht be
wusst, dass wir neue Menschen sind.
Christliche Werte sind in vielen Bereichen
schon allgemein anerkannter Teil unserer
Gesellschaft geworden. Es ist nicht mehr
nötig, Christ zu sein, um für den gleichen
Wert und die gleiche Würde aller Men
schen einzutreten, um etwas für die Um
welt zu tun oder sich für die Armen ein
zusetzen. Woran merken wir denn heute
noch, dass wir „neue Menschen“ sind?
Haben wir als Christen dann in dieser
Welt überhaupt noch etwas zu sagen?
Unsere Taufe gibt uns den Auftrag, unse
re christliche Überzeugung in die Gesell
schaft hineinzutragen. Dann wird deut
lich, dass bei allem Fortschritt in den
letzten 2000 Jahren das Christentum
nicht überflüssig ist. Im Gegenteil.
Wir Christen können helfen, Spaltung in
der Gesellschaft zu überwinden. Jesus
hat seinen liebenden Blick allen Men
schen geschenkt und erkannt, was sie
brauchen. Wenn wir so auf andere Men
schen zugehen, können wir zwischen uns
Menschen Brücken bauen – oder es we
nigstens versuchen. Wir Christen bezeu
gen, dass jeder Mensch von Gott gut
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geschaffen und geliebt ist. Wir
müssen uns nicht perfektionie
ren. Christen fragen danach, was
den Menschen und der Schöp
fung wirklich gerecht wird. Und
wir hinterfragen schnelle Lösun
gen, die andere für die Probleme
unserer Zeit bereithalten. Chris
ten folgen keiner Ideologie, die
nur das eigene Land, die eigene
Wirtschaft, den eigenen Reich
tum, den eigenen Vorteil sieht,
die einzelne Gruppe hervorhebt
und andere gering achtet. Unse
re „Ideologie“ ist die Botschaft
und das Vorbild Jesu, unser Land
ist das Reich Gottes, zu dem alle
Menschen eingeladen sind. Und
selbst wenn nicht alle Christen
diese Dinge tun, so haben wir
doch durch unseren Glauben das
Rüstzeug und den Auftrag, dies
zu tun.
An die eigene Taufe werden sich
die meisten von uns nicht mehr
erinnern können. Unsere Taufe
war sicher für die wenigsten von
uns eine wirkliche lebensverän
dernde Entscheidung.
Trotzdem sind wir als Christen
neue Menschen in einer Welt, in
der noch viel Egoismus und viel
Unversöhnlichkeit herrschen. Wir
können einen Beitrag dazu leis
ten, dass diese Welt mehr vom
Geist Jesu atmet. Es braucht
immer wieder „neue Menschen“
in dieser Welt. Auch wenn vieles
gut läuft in unserer Gesellschaft,
immer wieder braucht es Chris
ten, die neue Wege aufzeigen,
einen neuen Blick auf die Dinge
einbringen und den Himmel für
alle offenhalten.