
Andrea Schwindling
Rettung und Kraft
„Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft.“
Das Wort vom Kreuz hat es in sich, so wie wir im ersten Korintherbrief (1,18) bei Paulus lesen. Doch sehen wir das heute auch noch so? Ist das Kreuz uns Rettung und Kraft?
Seien wir ehrlich: vielfach ist es zu einem christlichen Symbol geworden, das irgendwie wie eine Art Talisman dazugehört. An der ein oder anderen Stelle, wo die Selbstverständlichkeit des Kreuzes in unserer Gesellschaft zu schwinden droht, werden wir hellhörig, aber dass es uns Heil, Leben und Hoffnung sein will, tritt im Alltag eher in den Hintergrund.
Wenn wir in diesem Monat das Fest „Kreuzerhöhung“ feiern (14. September) ist es meines Erachtens ein guter Anlass das Kreuz einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Aus unterschiedlichen Richtungen kommend, streben die Balken zu einem Mittelpunkt hin, der alles zusammenhält: oben und unten, links und rechts. Übertragen bedeutet das: das Kreuz verbindet vertikal Himmel und Erde miteinander und horizontal umspannt es die Welt. Es vereinigt sozusagen Gegensätze miteinander. Und damit sind wir schon mitten in der Theologie des Kreuzes. Eigentlich sollte diese Art des Sterbens von Jesus ein Zeichen der Verhöhnung, der Torheit, der Ohnmacht und Schande werden. Doch Gott hat diese Logik durchbrochen und stellt einfach alles auf den Kopf. Durch seine Hingabe, den Tod Jesu, wird das Kreuz zum Zeichen der Rettung, der Kraft, des Segens und der Erlösung.
Und das gilt – bis heute: wir dürfen uns am Kreuz festhalten, ja mehr noch festklammern, vor allem gerade dann, wenn unsere Lebenspläne durchkreuzt werden.
So fasst es auch der Liedtext von Johannes Jourdan (1923 bis 2020) zusammen:
Vor deinem Kreuz, Herr,
will ich stille werden.
Vor deinem Kreuz, Herr,
beuge ich mich tief.
Ich höre deine Stimme,
die verstummte, die doch am Kreuz schon nach mir rief.
Vor deinem Kreuz, Herr,
wird das Elend kleiner.
Vor deinem Kreuz,
werd ich mir selber klein.
Was in der Welt so groß ist, zählt hier nicht mehr,
denn deine Liebe zählt allein.
Vor deinem Kreuz
fang ich an zu verstehen,
was der Verstand niemals verstehen kann.
Die alten Regeln sind
am Kreuz zerbrochen.
Mit dir, Herr,
fängt das Neue an.